Verpflichtet sich der vom Veräußerer einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung mit der Bauleitung beauftragte Architekt diesem gegenüber zur Erstellung von Bautenstandsberichten, die Grundlage für die von den Erwerbern bei der finanzierenden Bank zu beantragende ratenweise Auszahlung des Erwerbspreises sein sollen, kommt dem Vertrag drittschützende Wirkung zu Gunsten der Erwerber zu.*)
BGH, Urteil vom 25.09.2008 – VII ZR 35⁄07
vorhergehend:
OLG Schleswig, 01.02.2007 – 7 U 86⁄03
; BGH, Urteil vom 25.09.2008 – VII ZR 37⁄07
vorhergehend:
OLG Schleswig, 01.02.2007 – 7 U 65⁄03
BGB a.F. § 328
Problem/Sachverhalt
Die Wohnungseigentumserwerber verlangen von dem vom Veräußerer mit den Leistungsphasen 6 – 8 des § 15 HOAI beauftragen Architekten Schadensersatz in Höhe von 166.793,57 Euro, weil in den Bautenstandsberichten weder auf die Mängel noch auf die nicht der Baugenehmigung entsprechende Ausführung des Bauvorhabens hingewiesen wurde. Die unrichtigen Bautenstandsberichte waren Grundlage der Auszahlung der Raten durch die finanzierende Bank gemäß dem Zahlungsplan. Bei zutreffenden Bautenstandsberichten hätten die klagenden Erwerber die Zahlungen nicht veranlasst, sondern Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht. Das Landgericht verurteilte den Architekten in Höhe von 143.842,56 Euro nebst Zinsen und sprach dem Architektenvertrag betreffend die Leistungsphasen 6 – 8 des § 15 HOAI im Hinblick auf die zu erstellenden Bautenstandsberichte drittschützende Wirkung zu. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist die Sache zurück, da die Erwerber in den Schutzbereich des Objektplanervertrags zwischen Veräußerer und Architekt einbezogen sind. Der Architekt war vom Veräußerer mit der Erstellung der Bautenstandsberichte beauftragt und bescheinigte den Bautenstand jeweils auf einen von ihm und den Erwerbern zu unterzeichnenden “Auszahlungsauftrag für ein Grundschulddarlehen”. Es war ihm also bekannt, dass seine Bautenstandsberichte insbesondere im Verhältnis zu Dritten (finanzierende Bank und Erwerber) von Bedeutung waren. Die Erwerber kamen damit unmittelbar mit den Architektenleistungen in Berührung. Eines besonderen Interesses des Veräußerers, die Erwerber in den Schutzbereich des Architektenvertrags einzubeziehen, bedurfte es nicht. Der Architekt hatte sich als bauleitender Architekt gegenüber der finanzierenden Bank ausgewiesen, seinen Bautenstandsberichten kam eine besondere Beweiskraft zu. Sie waren in hohem Maße geeignet, Vertrauen in die Richtigkeit der ausgewiesenen Bautenstände zu erwecken. Bei dieser Sachlage steht die zu vermutende Gegenläufigkeit der Interessen des Veräußerers und der Erwerber deren Einbeziehung in den Schutzbereich des Architektenvertrags nicht entgegen. Ein Schadensersatzanspruch der Erwerber scheitert nicht am gleichgerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Veräußerer. Die Bautenstandsberichte bezwecken die Absicherung der Erwerber und weiter, die dem Leistungsstand entsprechende Vergütung sicherzustellen. In einem solchen Fall, in dem die Tätigkeit des Architekten gerade dazu dient, die Erwerber vor Überzahlungen zu schützen, entfällt ihre Schutzwürdigkeit nicht deshalb, weil sie Schadensersatzansprüche gegen den Veräußerer besitzen. Der Schaden war den Erwerbern entstanden, weil sie die Bank zur Auszahlung der jeweiligen Raten veranlasst hatten und zur Zurückzahlung dieser Beträge aufgrund des mit der Bank geschlossenen Darlehensvertrags verpflichtet sind.
Praxishinweis
Bei Abfassung der Bautenstandsberichte muss der Architekt jeweils überprüfen, ob die Bauausführung mit der Baugenehmigung übereinstimmt und den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Der Architekt darf den Bautenstandsbericht nicht unterzeichnen, auch wenn die geänderte, nicht plangerechte Bauausführung zu einem späteren Zeitpunkt baurechtlich (nach-)genehmigt wird, da es darauf in diesem Zusammenhang nicht ankommt. Des Weiteren muss er durch Berücksichtigung der Mängel sicherstellen, dass keine höhere Zahlung erfolgt als die, die dem Wert der Bauleistung entspricht.