Viele Bauherren vertrauen bei einer der größten Entscheidungen ihres Lebens – dem Hausbau – häufig den falschen Menschen und leiden ein Leben lang unter den Folgen. Die Zeitschrift FamilyHome fragte in Ausgabe 1−2÷2014 die Baurechtsexpertin und Rechtsanwältin, Manuela Reibold-Rolinger, bekannt aus der RTL II-Dokumentations-Reihe „Die Bauretter“ wie sich das vermeiden lässt.
FamilyHome: Frau Reibold-Rolinger, in diesem Jahr führen Sie Ihre Anwaltskanzlei für Bau- und Architektenrecht sowie Vertragsrecht seit nunmehr 20 Jahren. Was reizt Sie an dieser Thematik? Wie kamen Sie zu diesem Berufszweig?
M. Reibold-Rolinger: Dass ich Juristin werden möchte, stand schon in meiner Schulzeit fest. Zu Beginn meiner Tätigkeit als Anwältin war ich mit Baufällen befasst und habe diese mit großem Interesse und großer Freude bearbeitet, auch wegen meines Interesses an Architektur und der bautechnischen Umsetzung. Ich fühle mich als„Frau am Bau“ sehr wohl in meiner Haut. Ich habe mich dafür entschieden, die in einem Bauvertrag „schwächere“ Partei, die Bauherren, zu unterstützen und mich daher nach und nach auf das Verbraucherbaurecht spezialisiert. Aus diesem Grund engagiere ich mich bereits seit vielen Jahren beim Bauherrenschutzbund e.V., Berlinfür die Interessen privater Bauherren. Ich bin als eine der ersten Anwältinnen in Deutschland Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht geworden und habe mich als Schlichterin nach der Schiedsordnung Bau ausbilden lassen. Ich habe festgestellt, dass man in dieser Männerdomäne als Frau mit Fachwissen und Engagement immer wieder für einen ausgleichenden Faktor sorgen kann, wenn es auf der Baustelle einmal laut und hitzig wird. Diese „weichenFaktoren“ sind gerade auf Baustellen wichtig. Das setzt natürlich Kenntnis der Sachlage voraus und dass man eine gemeinsame Sprache spricht.
FamilyHome: Sie begleiten die RTL II Doku-Serie „Die Bauretter“ seit über einem Jahr. Was war in Ihren Augen der schlimmste Baumangel an einem Haus einer Bauherren-Familie?
M. Reibold-Rolinger: Seit 20 Jahren wiederholen sich die Schicksale, die ich rundum das Thema Hausbau erlebe und die meisten Bauherren stürzen sich unvorbereitetund ohne Unterstützung in das Abendteuer Hausbau. Die Erfahrung zeigt,dass ein Gerichtsverfahren der letzte Weg des Bauherren sein sollte, denn im Bauprozessgibt es selten Gewinner. Daher macht mir die Mitarbeit bei dem Format„Die Bauretter“ viel Freude, da sich die Sendung auch mit meinem Lieblingsthema,der Prävention, befasst. Vor allem private Bauherren überlassen in vielen Dingenbeim Lebensprojekt Hausbau’ den Bauablauf und die Vertragsgestaltung dem Zufall.Das ist umso tragischer, da sich hinter fast jeder Krisenbaustelle menschliche Tragödienabspielen, die vermeidbar wären. Leider kommen viele Bauherren erst in unsereKanzlei, wenn es auf der Baustelle Ärgergibt und das Kind in den Brunnen gefallenist. „Die Bauretter“ zeigen wie Baukrisen nicht im Gerichtssaal, sondern frühzeitig auf der Baustelle gelöst werden können. 1972 gab es die Fernsehserie Die„Semmelings – einmal im Leben, die Geschichte eines Eigenheimes“. Wenn man sich die heute anschaut, hat sie nichts anAktualität verloren. Ich freue mich über jeden Bauherrn, der danach mehr über die Gefahren beim Bauen weiß und sich vorvertraglich beraten lässt.
FamilyHome: Woran hapert es bei Bauherren am häufigsten und wie können diese dagegen angehen?
M. Reibold-Rolinger: Bauherren sindschlecht vorbereitet, unterschreiben Verträgedie intransparent und inhaltlich nichtklar sind. Sie lassen sich nicht vor der Vertragsunterzeichnung und während der Bauzeit beraten.
FamilyHome: Haben Sie selbst auch schon neu gebaut?
M. Reibold-Rolinger: Ja, wir haben im Jahr 2003 ein Haus gebaut. Die Verträge haben wir hart verhandelt, den Bau durch einenSachverständigen begleiten lassen. Wir wurden von Anfang an als gleichwertige Vertragspartner wahrgenommen und haben dieProbleme, die übrigens auf jeder Baustelle auftreten, offen kommuniziert und gemeinsam mit dem Unternehmer und unseremSachverständigen fair gelöst. So sind wir dann nach 6 Monaten fristgemäß in ein mangelfreies Haus eingezogen. Heute, nach 10 Jahren, leben wir weiterhin glücklich in unserem Traumhaus. Das Bauen war anstrengend, aber die Freude über den selbst erschaffenen Lebensmittelpunkt überwiegt.