Viele angehende Bauherren stellen sich mit Beginn der dunklen Jahreszeit die Frage, ob es sinnvoll ist mit dem Hausbau im Herbst oder Winter zu beginnen. Bauexpertin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Manuela Reibold-Rolinger, bekannt aus der RTL II Dokumentationsreihe „Die Bauretter“, klärt auf, welche die typischen Probleme auf Winterbaustellen sind und was Bauherren berücksichtigen sollten.
„Schlechtwetter“ auf der Baustelle – Was bedeutet das?
Es ist ein Alptraum eines jeden Bauherren. Der Hausbau kommt zum Stillstand, weil der Bauunternehmer sich auf „Schlechtwetter“ beruft. Fristen werden verzögert und der mögliche Einzugstermin droht zu kippen. Doch nicht immer ist der Unternehmer im Recht. Bauexpertin Frau Manuela Reibold-Rolinger erklärt: „Es gibt Wetterereignisse, wie zum Beispiel Regen, die verhindern können, dass die Baugrube ausgehoben werden kann. Wenn das Dach jedoch gedeckt ist und die Fenster eingebaut sind, ist das Thema Regen unerheblich. Des Weiteren können niedrige Temperaturen (unter fünf Grad Celsius) die Mauerarbeiten verhindern, für die Erdarbeiten oder aber den Fenstereinbau sind fünf Grad Celsius kein Problem. „Schlechtwetter“ bedeutet daher einerseits, dass es bautechnisch nicht möglich ist, das Bauvorhaben fortzusetzen und andererseits dass den Handwerkern das Arbeiten auf der Baustelle nicht zugemutet werden kann.“
Wann darf sich der Unternehmer auf das sogenannte „Schlechtwetter“ berufen?
Der Bundesgerichtshof hat bereits 1973 ein bis heute geltendes Urteil gesprochen (BGH 1973VII ZR 196⁄72). Normale herbstliche und winterliche Witterung gilt grundsätzlich nicht als „schlechtes Wetter“ und darf auch nicht zu einer Verzögerung beim Bauen führen. Ausnahmen sind höhere Gewalt und unabwendbare Umstände wie außergewöhnlicher Niederschlag oder extrem niedrige Temperaturen. Nur in solchen Fällen verlängert sich die Bauzeit automatisch. Der Unternehmer muss dann den Bauherren sofort darauf hinweisen, dass er die Arbeiten wegen der Witterung nicht fortsetzen kann und er unverzüglich die Arbeiten wieder aufnehmen wird, wenn sich die Witterung bessert. Hierzu rät Manuela Reibold-Rolinger folgendes: „Wollen Bauherren im Herbst mit dem Bau beginnen, müssen sie vertragliche Regelungen zur Bauzeit treffen. Ansonsten muss der Unternehmer auf sein Risiko bei einem Baubeginn im Herbst mit einem kalten Winter rechnen und vor Baubeginn die konkrete Bauzeit kalkulieren. Wenn er sich verkalkuliert geht dies nicht zu Lasten der Bauherren.“
Schutz der Baustelle – Wer ist verantwortlich?
Dauerregen, Eis und Schnee setzen Bauwerken und Rohbauten zu. Vor allen Dingen im Winter entstehen dabei viele Schäden. Stellt man dann Schäden fest so kommt immer wieder die gleiche Frage auf: Wer ist für die Schäden verantwortlich? Wer hätte die Baustelle und das Material vor Beschädigung schützen müssen? Konnte der Unternehmer bei Vertragsabschluss bereits davon ausgehen, dass Herbst- und Winterwetter den Bau beeinträchtigt, ist er für Schutz und Schäden auf der Baustelle verantwortlich. Bis zur Bauabnahme durch die Bauherren, muss der Unternehmer sein Werk vor Verschlechterung schützen. Kommt der Bauunternehmer seinen Pflichten zum Schutz der Baustelle nicht nach, hat der Bauherr Anspruch auf Schadensersatz.
Fazit: Baubeginn im Herbst – Eine gute Idee?
Es gibt unterschiedliche Meinungen, ob der Herbst ein guter Zeitpunkt für den Hausbau ist. Bauexpertin Manuela Reibold-Rolinger spricht aus persönlicher Erfahrung: „Mein Mann und ich haben damals unser Bauvorhaben im November begonnen. Für uns war der Start im Herbst genau richtig.“ Denn wer zu dieser Jahreszeit mit dem Bau beginnt hat auch Vorteile. „Der Unternehmer hat uns bereits vor Baubeginn im Vertrag mitgeteilt, dass er für den Bau wegen der Witterung einen Monat länger benötigen wird, das war gut für uns zu wissen. Wir haben das Einzugsdatum vertraglich fixiert. Unser baubegleitender Qualitätskontrolleur befürwortete die Trocknung des Baus während der trocknen Wintermonate im Dezember und Januar. Der Rohbau wer bereits im Dezember fertiggestellt, die Fenster kamen im Januar und unser Richtfest haben wir im Februar gefeiert. Während der Ausbauphase im Innern des Hauses konnten wir so im Frühjahr bereits mit dem Garten beginnen. Im Mai sind wir fristgemäß in unser Haus eingezogen“, erklärt die Bauexpertin und fügt hinzu: „Mit der richtigen Planung, kann bei jedem Wetter gebaut werden. Doch um einen optimalen Bauablauf der Winterbaustelle zu garantieren, sind vorab klare vertragliche Reglungen zur Bauzeit und zum Schutz der Baustelle erforderlich. Hierzu sollte sich jeder Bauherr durch einen im Baurecht spezialisierten Bauanwalt beraten lassen, dann steht der Vorfreude auf dem Bau nichts mehr im Wege.“